Verschiedene Reportagen über das Yukon Quest und das Yukon Quest 300.
:: Reportage 2006 ::
Berichte von Gerry Willomitzer:
Von
Gerry Willomitzer
© Copyright Gerry Willomitzer
Rückblick auf das Yukon Quest 2006
Fairbanks - Circle (Teil I)
Wenig später tauchten wir in den Waldgürtel ein, die Fahrt nach Central war "ein Stück Kuchen" (‚piece of cake'),
wie man auf English sagt, obwohl der Trail sehr weich war. Unterwegs überholte ich Eric Butcher, der etwas resigniert
aussah, und auch prompt später aufgab.
Bei meiner Ankunft in Central war es dunkel. Mackey und Neff waren kurz vorher durch den Checkpoint gefahren, was auch mein
Plan gewesen war, doch ich wollte hier anhalten, um meine Hunde genauestens auf neue und alte Muskelverletzungen hin zu
untersuchen. Damit das Vorhaben nicht zu einfach wurde setzte auch prompt Regen ein. Auf einem Müllsack kniend, arbeitete
ich mich von Hund zu Hund, massierte Muskeln und Pfoten. Im Checkpoint verschlang ich das obligatorische Steak-Dinner, und
nach guten drei Stunden waren wir wieder unterwegs. Direkt hinter mir William Kleedehn, bei dem ich vor zehn Jahren als
Handler mit dem Dog-Mushing begonnen hatte und mit dem ich die erste Hälfte des 2005er Quest gefahren war. Der Sturm war
mittlerweile angsterregend geworden, die Bäume entlang der Circle Hotsprings Road (der wir acht Meilen lang folgen) bogen
sich wie Grashalme im Wind. Nach weniger als einer Stunde passierten wir Circle Hot Springs und bogen auf den Buschtrail
zum Medicine Lake und Birch Creek ein. Mackey und Neff campten unweit der Hot Springs, um sich der Hektik des Central
Checkpoints zu entziehen und auch um von hier direkt nach Circle zu fahren. Daraus sollte jedoch nichts werden. Starker
Schneefall setzte ein, William und ich sahen jedoch noch Hans Gatts Spuren über den Medicine Lake. Wenn sich auf offenen Stellen wie gefrorenen Seen der Trail im Schneetreiben verliert, hat man keinerlei Orientierungsmöglichkeit und riskiert, viel Zeit zu
verlieren.
Hans Gatt campte auf Birch Creek mit seinen unzähligen Meandern, offensichtlich auch mit der Absicht von hier direkt nach
Circle zu fahren. Auch für ihn wurde daraus nichts. Im starken Schneefall verlor sich der Trail fast, unsere Stirnlampen
erhellten die Schneeflocken und blendeten uns mehr als sie nützlich waren. Im "Blindflug" stampften wir, William jetzt vor
mir, durch den schweren Schnee. Auch uns wurde klar, dass wir es selbst nicht bis Kokrine's Cabin schaffen würden, ohne
einen langen Lauf zu machen. An der einzigen Stelle, wo ein alter Trail vom Fluss führte campten wir im starken Schneetreiben.
Wir parkten beide Gespanne, 26 Hunde in einem schmalen Waldgürtel, der normalerweise nicht einmal einem Team genug Platz
bieten würde. Meine Uhr zeigte drei Uhr morgens. Wenig später zogen einige Teams (Schnuelle, Mackey, Neff und Gatt) vorbei,
und mussten von hier an "trail breaken" (durch ungebrochenen Schnee laufen). Vier Stunden blieben wir hier sitzen, und als
es wieder los ging, waren die Spuren der führenden Team bereits wieder verschneit gewesen. Glücklicherweise hatte ein
Team nur 100 Meter von uns entfernt gecampt und war weniger als fünf Minuten vor uns losgefahren (Sebastian Schnuelle,
wie sich später herausstellte).
Nach weiteren vier Stunden "Schleichfahrt" im Tiefschnee kam schließlich die Brücke über den Birch Creek in Sicht, und wenig später gesellten wir uns zu den Herren Gatt, Mackey, Neff und Schnuelle, um bei Carl Kokrine's Cabin eine weitere Pause einzulegen. Man mag Carl einen komischen Kauz nennen, doch er ist eine dieser Persönlichkeiten, die den "Busch" prägen. Seit 1969, meinem Geburtsjahr, lebt er hier alleine im Busch als Fallensteller. Nach Circle (35 Einwohner) kommt er nur selten, es ist im dort zu viel los.
Nach nur 2 ˝ Stunden Pause fuhren wir im Kriechgang weiter, um schliesslich Nachmittag gegen 16 Uhr Circle zu erreichen. Ein Viertel des Rennen hatten wir nun hinter uns, und es fühlte sich so an als wären wir schon ein Quest und ein Iditarod gefahren.
w e i t e r